Die Spannung war natürlich groß, als ich das Buch "Der Kies muss weg. - Gegen die Verschotterung unserer Vorgärten" von (Ulmer Verlag) in die Hand genommen habe.
Tjards Wendebourg ist Redakteur beim Verlag Eugen Ulmer und als Redaktionsleiter für zehn Fachzeitschriften verantwortlich.
Als Erstes fällt auf, dass das Büchlein sehr kompakt und graphisch unterhaltsam aufgemacht ist.
Ich muss sagen, dass ich selten ein Buch in der Hand hatte, das es versteht, Informationen so prägnant zusammen zu fassen.
So kompakt kann es verlustfrei sein, weil es per QR-Code und Links auf weiterführende Informationen verweist.
Natürlich ist es kein Fachbuch, das umfangreich über Alternativen zu Schotter-Vorgärten informiert.
Aber es deckt alle wesentlichen Aspekte ab.
Wer kann davon profitieren?
Mit Sicherheit profitieren Leute, wie ich, die ständig in Diskussionen zum Thema stecken.
Das Thema begleitet mich in allen Facebook-Gruppen, die ich teils mit moderiere oder einfach nur mit lese und von daher ist mir natürlich auch bekannt, wie sehr das Thema polarisiert.
Wer in solchen Gruppen im Netz überzeugen möchte, dass es wesentlich schönere, intelligentere – weil pflegeleichtere – und vor allem auch ökologischere Methoden gibt, einen Vorgarten zu gestalten, bekommt hier eine Latte an fundierten Argumenten.
Diese Argumente greifen auch dann, wenn immer wieder der trotzige Ausspruch kommt:
„Mein (Vor-)Garten gehört mir, den kann ich doch gestalten wie ich will.“
Tjards Wendebourg zählt auf, warum wir alle von den negativen Auswirkungen solcher Vorgärten betroffen sind.
Diese Flächen verweigern die Funktion von Grün in Straßenzügen zur Luftreinigung und Temperatur-Regulation – um nur ein Beispiel zu nennen, auf das näher eingegangen wird.
Heutige Häuslebauer ziehen aus Kostengründen aufs Land und nehmen weite Pendelwege in Kauf. Dann bleibt natürlich wenig Zeit, den Garten zu pflegen.
Dazu kommt, dass auch viele ältere Gartenbesitzer sich eine Arbeitsersparnis von dieser Form der Kiesgärten erwarten.
Warum diese Hoffnung trügerisch ist, wird ebenfalls erklärt.
Deshalb ist das Buch auch gut geeignet für Familien, die einen Garten neu anlegen und sich Gedanken machen, welchem der beiden Trends sie folgen sollen:
Auf der einen Seite sehen wir eine zunehmende Naturbegeisterung, auf der anderen Seite die Modeerscheinung der angeblich ordentlichen Schottergärten.
Angst vorm Nachbarn ist ein Grund, den Tjards Wendebourg hinter diesen „Gärten des Grauens“ sieht.
Naturgärten wird oft nachgesagt, dass sie chaotisch sind und nicht schön gestaltet und Nachbarschafts-Streits wegen einem Löwenzahn-Samen entstehen.
Ein guter Teil des Buches bringt Beispiele, dass man auch Vorgärten naturnah so gestalten kann, dass sie ein echtes Aushängeschild sind.
Dabei muss nicht mal Kies oder Schotter fehlen.
Tjards Wendebourg differenziert hier genau, stellt die verschiedenen Kies- und Schotter-Arten vor und wie man diese sinnvoll verwenden kann, so dass eine schöne und pflegeleichte Symbiose aus Stein und Pflanzen entsteht.
Dadurch ist es auch ein Buch für all Diejenigen, die bereits so eine Garten haben, weil vom Gärtner eingeredet wurde, dass solche Gärten ästhetisch, preisgünstig und pflegeleicht sind und jetzt feststellen, dass nichts davon stimmt.
Das Buch macht Mut, sich selbst Fehler einzugestehen und solche Gärten wieder rückzubauen - in bunte Orte der Vielfalt oder auch streng gestaltetes Grün.
Eben mit Betonung auf Grün statt Grau.
Wer Dienstleister sucht, die sich darauf verstehen oder gar auf solchen Rückbau spezialisiert haben, wird am Ende des Buches fündig.
Eine weitere Zielgruppe sehe ich in (Regional-) Politikern.
Diese müssen jetzt häufig - ohne jegliches gärtnerisches Fachwissen - entscheiden, ob ihre Stadt oder Gemeinde ein generelles Verbot für solche klimaschädlichen Gärten aussprechen soll und brauchen dafür kompakte und kompetente Informationen.
Schon mal hat sich jemand mit dem Thema beschäftigt. Damals hieß es nicht "Gärten des Grauens" sondern "Grün kaputt".
Zu meinen Studienzeiten war Dieter Wieland mit dem gleichnamigen Titel in aller Munde.
In der Folge bildete sich eine starke Naturgarten-Bewegung und ich bin sehr bestürzt, dass sich das jetzt wieder so zurück entwickelt hat und viele junge Familien wenig Sinn für den Garten und Pflanzen haben, sondern lieber auf Stein und Plastik setzen.
Wenn jetzt wieder ein Umdenken eintritt, dann hoffentlich endgültig.
Dieses Buch könnte ein Beitrag sein.
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